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An Hitlers Geburtstag legt die Schweiz die Nazi-Elf aufs Kreuz

20. April 1941: Ausgerechnet am höchsten Feiertag des dritten Reichs besiegt die Schweiz Deutschland 2:1. Numa Monnard bringt das Reich mit zwei Toren zum Toben. Joseph Goebbels war ausser sich. Es dürfe, schrieb der Reichspropagandaminister erzürnt an Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten, in Zukunft «kein Sportaustausch gemacht werden, wenn das Ergebnis im geringsten zweifelhaft» sei. Basta und Heil Hitler. Soeben hatte die grossdeutsche Elf (gebildet aus den Nationalteams Deutschland und Österreichs) gegen die Schweiz, «das kleine Stachelschwein», in Bern 1:2 verloren. Für die Deutschen war diese Niederlage besonders bitter, geschah sie doch ausgerechnet an einem 20. April, an Adolf Hitlers Geburtstag, damals der höchste Feiertag im Dritten Reich Helmut Schön (1974 als Nationaltrainer Weltmeister), der damals mitspielte, erinnerte sich später: «Es grenzte an Hochverrat und Majestätsbeleidigung.» Die Deutschen hatten nach 20 Minuten noch 1:0 geführt. Dann drehten die Schweizer die Partie durch zwei Tore von Numa Monnard. Vor dem Anpfiff begrüsste General Henri Guisan die Spieler einzeln per Handschlag. Während dem Abspielen der Nationalhymnen – für die Gäste wurde neben «Deutschland, Deutschland über alles» entgegenkommenderweise auch das Horst-Wessel-Lied, der Kampfgesang der Nazis, intoniert – verharrte der General in Achtungsstellung. Die ihn flankierenden Gäste aus Deutschland reckten keck den Arm zum Hitlergruss.

Der Stolz der Kleinen

Auch die Chronisten waren angehalten, den mächtigen Nachbarn ja nicht zu reizen. Eine Nummer der damaligen Fachzeitschrift «Le Sport Suisse» wurde von der Eidgenössischen Kommission für Radio- und Pressewesen (der Zensurbehörde) wegen der Matchberichterstattung beschlagnahmt und anschliessend durfte das Blatt zur Strafe einen Monat lang nicht mehr erscheinen. Der Journalist Emile Birnbaum hatte die Partie mit dem damals schon legendären 4:2-Sieg der Schweizer gegen Grossdeutschland bei der WM 1938 in Paris verglichen. «Ohne Zweifel, die Lust, die Deutschen zu schlagen, war gross im Lande. Das sollte eine Demonstration der Unabhängigkeit werden, des Widerstandswillens wie 1938 in Paris. Welch einmalige Gelegenheit, unter dem Deckmantel des Sportes unsere wahren Gefühle zu zeigen. Die Ärzte sollten zur nationalen Hygiene jeden Monat ein solches Schauspiel verschreiben.»

«Ein neues Sempach»

Der Reporter provozierte im Matchbericht mit der Sprache des Krieges. Das starke Kopfballspiel der Deutschen verglich er mit den Stuka, den gefürchteten Sturzkampfbombern. «Sie dachten wohl, ihre Luftwaffe sei auch im Fussball entscheidend. Bern hat sie eines besseren belehrt.» Das Spiel der Schweizer mahnte den Chronisten an die Kampfweise der alten Eidgenossen und an Winkelrieds Opfertod in der Schlacht von Sempach anno 1386. «Sie spielten einfach, direkt, offen, weite Pässe übers das Feld, Spielaufbau aus der Tiefe, überall Bälle um das deutsche Schema aufzureissen, den Gegner rennen zu lassen und Gelegenheiten zum Durchbrechen zu schaffen. Mächtig unterstützt von der Menge schufen die Schweizer ein neues Sempach.»

2 Siege, 2 Niederlagen während des Kriegs

Die Schweiz hat während des 2. Weltkrieges unter Nationaltrainer Karl Rappan viermal gegen Deutschland gespielt. Am 9. März 1941 unterlag sie vor 60'000 Zuschauern in der ausverkauften Stuttgarter «Adolf-Hitler-Kampfbahn» 2:4. Am 20. April 1941 gelang die erwähnte Revanche in Bern mit einem 2:1.

Am 1. Februar 1942 erkämpften sich die Schweizer in Wien gar einen Auswärtssieg mit 2:1 und am 18. Oktober 1942 revanchierten sich die Deutschen in Bern mit 5:3. Die Deutschen hüteten sich, nochmals an einem 20. April anzutreten.

Die Schweizer Helden vom 20. April 1941 in Bern

Erwin Ballabio (Lausanne), Severino Minelli (GC), August Lehmann (GC), Albert Guinchard (Servette), Franco Andreoli (Lausanne), Harry Winkler (GC), Olivier Eggimann (YB), Lauro Amado (GC), Numa Monnard (Servette), Luigi Fornara (Lugano), Georges Aeby (Servette).

Quelle: Watson

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